13.8. Zwei Leserbriefe an "Publik Forum"

Reinhard (Reinhard_info) on 13.08.2021

In meinen Augen hat die Qualität der Artikel in "meiner" christlich kritischen Zeitung arg nachgelassen. Zur letzten Ausgabe 15/21 schrieb ich wieder zwei Leserbriefe zu Artikeln, die mir gar nicht gefallen haben.

Vom Artikel "Ein Staat auf Angst gebaut" fühlte ich mich geradezu gegen den Kopf gestoßen. Wie kommt die Redaktion dazu einen solchen alten Propaganda Artikel rechter Kräfte wieder so kurz vor der Wahl zu veröffentlichen?

Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion!

Ist es der Ferienzeit geschuldet, dass mir einige Artikel in der letzten PF unter dem von mir gewohnten Niveau liegen? Hier meine Gedanken zum Artikel "Ein Staat auf Angst gebaut" in Ausgabe 15:

Leserbrief

Im Gegensatz zum in Basel in der Schweiz lebenden Autor des Artikels war ich im Auftrag unseres Bischofs regelmäßig seit 1982 jedes Jahr zu Pfingsten mit einer Delegation unserer Kirchengemeinde zu Besuch in unserer Partnergemeinde in Grünheide. Ich kenne also die Repression in der damaligen DDR aus eigenem Erleben und den Erzählungen der praktizierenden Christen unserer Partnergemeinde. Niemand hat geflüstert, nur weil die Stasi mithören könnte. Was soll diese Anekdote in der Einleitung des Artikels?

„So schlimm, wie medial im Westen dargestellt, sie die DDR nicht gewesen, ist auch heute noch ein vorherrschendes Gedankengut in Kreisen der Partei „DIE LINKE“.“
„Widerlegt sei auch der stetig wiederkehrende Versuch alter SED-Kader, die DDR als „sozialistischen“ Rechtsstaat zu verklären.“

Warum wärmt die Redaktion der PF dieses Thema im gerade laufenden Bundestagswahlkampf wieder auf? Ein Schelm, wer sich dabei böses denkt? Als Mitglied der LINKEN, der wie die Mehrheit der heutigen Mitglieder der Partei im Westen aufgewachsen ist, der bei seinen langen Parteiaktivitäten noch nie einem „alten SED Kader“ begegnet ist, fühle ich mich von diesem Artikel vor den Kopf gestoßen. Rein biologisch gesehen können auch kaum noch „alte SED Kader“ Mitglied in der Partei sein. Von welchen „alten SED Kadern“ kennt der Autor diese Aussage in aktueller Zeit?

Reicht die Erklärung der damaligen Parteivorsitzenden Katja Kipping von 2014, reicht die Erklärung der heutigen Parteivorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow und des Ministerpräsidenten Bodo Ramelow von 2014 nicht?
„Die Chefin der Linkspartei hat davor gewarnt, die rot-rot-grünen Sondierungsgespräche in Thüringen durch die parteiinterne Debatte über den Umgang mit der DDR-Vergangenheit zu gefährden. „Ich finde die Formulierung, die die Thüringer gefunden haben, vollkommen richtig“, sagte Katja Kipping am Sonntag im Interview der Woche im Deutschlandfunk. SPD, Grüne und Linke in Thüringen hatten in einer gemeinsamen Erklärung die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet.Quelle: https://www.welt.de/politik/deutschland/article132940549/Linke-Chefin-sieht-DDR-durchaus-als-Unrechtsstaat.html

TAZ vom 14.11.2014: „Diese Debatte wurde 2009 mit ähnlichen Argumenten schon mal geführt. Das ist nicht ungewöhnlich: Wiederholung und Variation gehören zu den Ritualen historischer Selbstvergewisserung. Erstaunlich ist nur, dass noch immer schwer zu entziffern ist, was mit Unrechtsstaat gemeint ist. Klar ist hingegen das parteipolitische Ziel der Debatte: die Linkspartei an den Pranger zu stellen.Quelle: https://taz.de/Debatte-DDR-und-Linke/!5028667/

„Für die Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern) war die DDR "eindeutig kein Unrechtsstaat". Der Begriff lege nahe, "als sei das ganze Leben Unrecht gewesen. Wir brauchen aber mehr Respekt vor ostdeutschen Lebensleistungen" (Spiegel Online. 7. Oktober 2019). Deutlicher als noch fünf Jahre zuvor ging auch ihr Amtskollege Bodo Ramelow (Thüringen) auf Distanz zu dem Begriff. Ramelow kritisierte dessen instrumentelle Anwendung und wandte sich dagegen, den Begriff Unrechtsstaat im Rechtssinn auf die DDR universell anzuwenden (Bekenntnisrituale, Tagebucheintrag 10. Oktober 2019).“ Quelle: https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutschen-einheit/47560/unrechtsstaat

Reinhard Muth,
Leser der PF und Mitglied der PF Leserinitiative seit mehr als 40 Jahren


Auch ein weiterer Artikel von Ulrike Scheffer nach dem Leitartikel in PF 8/21 zeugt eher von ihren gesellschaftlichen Vorurteilen als von Sachkenntnis beim Thema Klimakrise und den Parteiprogrammen dazu. Dazu schrieb ich folgenden Leserbrief:

 

PF 15/2021 „Nun sag’, wie hast du’s mit dem Klima?“

Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion!

Laut Ihrer Mail vom 8.7. war Frau Scheffer bis zum 18.7. im Urlaub. Doch bis heute habe ich noch keine Antwort von ihr zu meinem Kommentar zum Artikel in PF 8/2021 erhalten. Statt dessen muss ich wieder einen Artikel von ihr in PF 15/2021 entdecken, der in meinen Augen als persönliche Meinung aber nicht als einen journalistischen Qualitätsartikel durchgeht.

Leserbrief Nr. 2

Jesus hat sich, wie wir in der Bibel lesen können, auf die Seite der Armen und Benachteiligten gestellt. In der Bergpredigt hat er noch einmal konkretisiert, wie wir Nächstenliebe leben können. Von den im Bundestag vertretenen Parteien kommt DIE LINKE in meinen Augen diesen Empfehlungen von Jesus am nächsten. Warum wird das nicht von der Redaktion heraus gestellt, statt ständig gegen diese Partei zu schreiben?

Die LINKE setzt sich schon lange für Menschen mit geringem Einkommen ein, forderte als erste einen Mindestlohn, fordert seit der Einführung von Harz IV seine Ablösung durch ein sanktionsfreies Mindesteinkommen. Die LINKE steht den schlecht entlohnten Verkäuferinnen zur Seite, hat schon vor der Corona-Krise eine Pflegekampagne gestartet für eine bessere Bezahlung und mehr Personal in der Pflege usw. Ganz im Sinne des Gebots der Nächstenliebe.

Zusätzlich zu diesen sozialen Problemen hat sich die LINKE auch schon früh der aufziehenden Klimakrise gewidmet. Schon 2012 hat die Bundestagsfraktion ihren Plan B veröffentlicht ( https://www.plan-b-mitmachen.de/ ). Zugegeben, dieser Plan B wurde nur von wenigen Mandatsträgern der LINKEN in der Öffentlichkeit präsentiert. Aber wer sich als Journalistin für Klimafragen engagiert, dem kann dieser Plan nicht verborgen geblieben sein.

„Letztlich läuft ihr Ansatz auf einen Systemwechsel hinaus, denn Kapitalismus ist aus Sicht der Linkspartei sowohl für die soziale Schieflage wie auch für die Klimakatastrophe verantwortlich. Die Frage der sozialen Abfederung von Klimaschutz stellt sich für sie nicht, ihre Politik zielt ohnehin auf grundlegende Umverteilung ab.“ Da muss man schon große ideologische Scheuklappen auf haben, um solche Sätze formulieren zu können. Was sonst ist denn für die soziale Schieflage und die Klimakatastrophe verantwortlich als das grenzenlose Wachstum im Kapitalismus?

Tatsächlich ist der Systemwechsel bei dieser Bundestagswahl die Kernfrage, die die Wähler entscheiden müssen. Kann mit dem Wachstumszwang, dem auch ein „grüner“ Kapitalismus unterliegt, noch die Erderwärmung gebremst werden oder müssen wir nach einem neuen Wirtschaftssystem ohne Wachstumszwang ausschau halten. Hier könnte die Redaktion mit einem ausführlichen Für und Wider Entscheidungshilfe für die Leser leisten.

Papst Franziskus hat da eindeutig Stellung bezogen „Diese Wirtschaft tötet“. Er hat auch Vorschläge gemacht, in welche Richtung wir unsere Wirtschaft entwickeln müssen, um in Zukunft noch ein „Gutes Leben für alle“ ermöglichen zu können. Genau an diesem Thema arbeitet auch die LINKE als einzige Partei im Bundestag. Übrigens sind zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler, Klimagruppen und Journalisten der gleichen Meinung, im Kapitalismus wird uns der Klimaschutz nicht gelingen. Heute steht die LINKE mit dieser Idee nicht mehr alleine da.

Reinhard Muth, Christ und Umweltaktivist

zum Weiterlesen:

Grünes Wachstum ist nicht möglich
https://taz.de/Klimaschutz-im-Kapitalismus/!5786111/

https://www.klimafakten.de/meldung/mehr-als-gruener-kapitalismus-nur-ein-wechsel-des-wirtschaftssystems-kann-die-klimakrise

https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-10/extinction-rebellion-klimaaktivismus-klimaschutz-protest-meinungen/seite-2

https://taz.de/Artenschutz-und-Klimakrise/!5750314/

https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteitag/siebenter-parteitag/detail/wie-wir-gerecht-aus-der-krise-kommen-mit-einem-sozialen-friedlichen-und-oekologischen-systemwechsel/


Nebenbei gesagt, DIE LINKE ist die einzige im Bundestag vertretene Partei, die sich für den Kohleausstieg bis 2030 festgelegt hat. Ich bin gespannt, ob die Redaktion von PF das auch mal in einem Artikel noch vor der Wahl erwähnt.

UN-Generalsekretär António Guterres fand am Montag (9. August 2021) anlässlich der Vorstellung des neuen Berichts des Weltklimarats IPCC klare Worte für die sich entfaltende Klimakrise:

Die Alarmglocken sind ohrenbetäubend und die Beweise sind unwiderlegbar: Die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger und der Entwaldung ersticken unseren Planeten und bringen Milliarden Menschen in unmittelbare Gefahr. Die globale Erhitzung beeinflusst inzwischen alle Regionen der Erde, wobei viele Veränderungen irreversibel sind.

António Guterres, UN-Generalsekretär

Quelle: Telepolis "Kohleausstieg bis 2030"

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