27.6. Generationenkonflikt wegen Klimakrise?

Reinhard (Reinhard_info) on 27.06.2021

In der TAZ ist dieses Wochenende ein Artikel zu lesen "Lasst den Jungen was vom schönen Leben übrig". Schon Anfang Mai konnte ich in Publik Forum einen ähnlichen Artikel lesen: "Die Kinder werden es mal schlechter haben" (PDF-Datei). Ich sehe keinen Generationenkonflikt sondern den "Krieg Reich gegen Arm", wie es der Multimilliardär Warren Buffett treffend formuliert hat.

Mit dem Hinweis auf einen Generationenkonflikt wird meiner Meinung nach von der wahren Quelle der Klimakrise abgelenkt. Nicht die Gleichgültigkeit der Alten gegenüber den Jungen, sondern das Streben nach immer mehr Reichtum auf Kosten der Natur hat uns in diese Krise geführt.  Dies habe ich gegenüber der Redaktion von Publik Forum in einem Leserbrief am 2. Mai so ausgedrückt:

"Guten Tag allerseits!

Warum wurde dieser Artikel von der Redaktion zum Leitartikel erkoren? Warum einen Konflikt zwischen den Generationen mit unzutreffenden Argumenten anheizen, wenn wir nur gemeinsam unser Ziel erreichen können? Hat die Autorin noch nie etwas von Wolfgang Kessler oder Ulrike Hermann gelesen? Warum wird der Popanz eines immensen Schuldenbergs schon in der Unterüberschrift aufgebaut? Der Staat muss nicht wie die sprichwörtliche schwäbische Hausfrau sparen, im Gegenteil. In Zeiten der Niedrigzinsen oder sogar Negativzinsen auf Staatsanleihen wäre es verantwortungslose Politik, nicht mit Schulden eine Krise zu bekämpfen (siehe Wolfgang Kessler oder Ulrike Hermann).

Es ist nicht hilfreich einen Generationenkonflikt zu postulieren, wenn mit "Parents for Future", "Scientists for Future", "Churches for Futur" oder "GermanZero", um nur ein paar wenige Beispiele zu erwähnen, gleich mehrere Gruppen der älteren Generation sich für eine lebenswerte Zukunft engagieren. Wir haben keinen Generationenkonflikt sondern einen Konflikt zwischen Arm und Reich. Wenn wirklich die ältere Generation die Politik dominieren könnte, warum gibt es dann immer noch keine menschenwürdigen Bedingungen bei der Pflege in Altenheimen und Krankenhäusern? Haben das die älteren Menschen so gewollt? Sicher nicht.

„Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen“
— Warren Buffett
Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/126606-warren-buffett-es-herrscht-klassenkrieg-richtig-aber-es-ist-mei/

Es ist der "Tanz um das goldene Kalb", der unsere Gesellschaft an den Rand des Abgrunds geführt hat. Dieser Tanz wird nach den Regeln eines neoliberalen Kapitalismus getanzt. Diese Regeln bewirken, dass weder für die Pflege, noch für die Bildung, noch für die Infrastruktur genügend Mittel bereit gestellt werden. Zum Wohle der Gewinne der wenigen Reichen muss der Staat bisher bei den Armen sparen. Bisher hat das die Mehrheit der Wähler als so gegeben hin genommen. Doch der "Tanz um das goldene Kalb" zerstört auch unsere Umwelt, unsere Lebensgrundlagen, was jetzt mit den negativen Folgen des Klimawandels auch für die Jungen konkret zu spüren ist. Nach 50 Jahren des Ignorierens der negativen Folgen unserer Lebensweise wachen jetzt immer mehr Menschen auf und wollen neue, Umwelt und sozial gerechte Regeln für unsere Wirtschaft.

Etwa um 1970 herum gab es im Fernsehen jeden Sonntag Nachmittag eine Sendung mit Professor Huber. Er hat damals in einem simplen Experiment mit Fliegen schon aufgezeigt, wie die Menschheit an der Übernutzung der Natur zu Grunde geht. Die Corona Pandemie 50 Jahre danach bestätigt nur seine Vorhersagen. Mich hat dieses Experiment zu der Erkenntnis geführt, dass ich in diese Welt keine Kinder mehr setzen kann. Spätestens seit dem ersten Bericht des Club of Rome 1972 "Die Grenzen des Wachstums" ist allgemein bekannt, dass der Ressourcenverbrauch der westlichen Industriegesellschaft bis etwa 2050 in eine tiefe Krise und zum Ende menschlichen Lebens führen kann. Trotzdem wurde weiter der "Tanz ums goldene Kalb" getanzt, wie beim Untergang der Titanic.

Es ist ein Versagen der Religionen, den "Tanz um das goldene Kalb", nicht als Sünde zu brandmarken. Papst Franziskus hat als erstes führendes Mitglied einer großen Glaubensgemeinschaft dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Ein kleiner Hoffnungsschimmer für mich. Doch was haben unsere Gemeinden bisher daraus gemacht? Wie haben sie seine Anstöße für eine neue Gesellschaftsordnung weiter getragen?

Warum ist bis heute die Bewahrung der Schöpfung nicht DAS Thema in unseren Kirchen? Statt Autos zu segnen hätte schon längst das Fahren von SUVs als ein Verstoß gegen das Gebot der Nächstenliebe in den Katalog der Sünden aufgenommen werden müssen. Zu DDR-Zeiten waren die Umweltgruppen in den Kirchen der Keim des Widerstandes gegen ein unmenschliches System. Heute könnten unsere Kirchen die Jugend zurück gewinnen, wenn sie diese Klimagruppen in ihre Mauern aufnehmen würden."

-- Mit freundlichen Grüßen Reinhard Muth

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