6.12. Oskar Lafontain: NATO ohne USA
Heute bin ich über ein Interview mit Oskar Lafontaine gestolpert: "Wir brauchen eine Nato ohne die USA". Einen Gedanken daraus habe ich kommentiert.
Mein Kommentar dazu:
Verschwinden des Religiösen?
Das Religiöse müsste genauer formuliert werden. In den USA verschwindet ja das Religiöse nicht, sondern im Gegenteil, jeder Politiker spricht religiöse Floskeln. Ich erinnere an Trump mit der Bibel in der Hand. Das Gleiche gilt für Bolsenaro in Brasilien, oder auch die Regierung in Israel. Im Iran erleben wir gerade einen Aufstand gegen die Regierung der Religiösen.
In meinen Augen ist gerade das Erstarken der rechten Religiösen und die Schwäche der linken Religiösen die Ursache für die Zunahme gewaltsamer Konflikte. Welches prominente Ehepaar in Deutschland trägt gerade zur Schwächung des linken Religiösen besonders bei?
Auszug:
"Faschistoides Denken"
Manche sagen, diese Kriegsstimmung, die in bestimmten Kreisen herrscht, bei den Grünen, auf der Regierungsseite insgesamt, aber auch in den USA, werde von dem Glauben getragen, dass es endlich ein gerechter, guter Krieg gegen einen absolut bösen Gegner ist. Man kann alle anderen Kriege hinter sich lassen und selbst die von Nazideutschland vergessen, weil man endlich in einen neuen, gerechten und guten Krieg zieht. Sehen Sie das auch als einen Hintergrund?
Oskar Lafontaine: Das kann man so sehen, aber ich frage mich natürlich, was da passiert ist, denn das ist für mich faschistoides Denken. Wenn etwa Frau Baerbock sagt, man müsse Russland ruinieren, dann ist das faschistoides Denken. Dieses Denken ist dadurch gekennzeichnet, dass der Mensch ausgeklammert wird. Das erlebt man in der jetzigen Debatte in Deutschland.
Von den Menschen, die täglich sterben, tritt selten auf in dem Sinne die Rede, dass man deswegen jetzt einen Waffenstillstand erreichen müsse. Nein, sie reden von einem Siegfrieden. Die Krim muss zurückerobert werden, und wir müssen immer mehr Waffen liefern.
Die deutsche Außenministerin hat sich sogar zu der Behauptung verstiegen - wahrscheinlich weiß sie gar nicht, dass sie damit die Parole der US-Waffennarren übernommen hat -, dass Waffen Leben retten. Wie die Waffen Leben in den USA retten, das kann man immer wieder erleben. Das ist eine Fehlentwicklung, die ich faschistoid nenne.
Deshalb müssen alle, die den Frieden wollen, sich zusammentun und sagen: Wenn wir von einer Wertegemeinschaft reden, dann dürfen wir eben nicht von Begriffen reden, unter denen sich offensichtlich kaum noch jemand etwas vorstellen kann, sondern wir müssen uns einfach dazu bekennen, dass wir in den Menschen unsere Schwestern und Brüder sehen und dass wir alles tun, damit sie nicht ihr Leben verlieren. Das ist das Vorrangige, nicht die Krim zurückzuerobern oder die Russen kleinzubekommen.
Woher kommt diese faschistoide Stimmung, wie Sie es nennen?
Oskar Lafontaine: Das ist schwer zu sagen. Einen Grund hat, wie zuvor besprochen, interessanterweise Frau Merkel im Spiegel genannt: Das Bewusstsein über das Grauen des Krieges verschwindet mit den Zeitzeugen und damit verschwindet auch die Bereitschaft zur Versöhnung. Das mag ein Grund sein, dass man gar nicht mehr so richtig weiß, was damals passiert ist oder man auch die Gefühle nicht mehr entwickelt, die notwendig sind, um zu sagen: Wir wollen alles tun, damit so etwas niemals wieder passiert.
Ich glaube, es gibt noch einen anderen Grund, das ist das Verschwinden des Religiösen. Das hört sich vielleicht aus meinem Munde komisch an, aber schon Dostojewski schrieb: Wenn Gott tot ist, ist alles erlaubt. Auch andere Schriftsteller haben sich dazu geäußert. Malraux beispielsweise, der einmal sagte: Dieses Jahrhundert wird religiös sein oder es wird nicht sein.